Im Wortlaut von Pia Zimmermann, 23. August 2017
Dass Menschen sich beim Bundesverfassungsgericht gegen die Grundrechtsverletzungen in der Pflege wehren, ist alarmierend. Wir unterstützen die Initiative von Prof. Alexander Graser, der gemeinsam mit dem Sozialverband VdK eine Verfassungsbeschwerde (PDF)eingebracht hat. Zwar wurde die Klage aus formalen Gründen abgelehnt, aber die Fakten über die dramatischen Zustände in der Altenpflege sind nach wie vor aktuell. Was muss noch passieren, damit die Bundesregierung den Pflegenotstand ernst nimmt?
Welchen Rechtsverstößen Menschen mit Pflegebedarf Tag für Tag ausgesetzt sind erläutern die beschwerdeführenden Rechtsanwälte in einer erschütternden Fernsehdokumentation (YouTube).
Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen sind häufig nicht in der Lage, einen aufwendigen Rechtsweg zu beschreiten und deshalb auf die Politik angewiesen. Gesetze und Verordnungen müssen die Menschen schützen – und das ist die Aufgabe des Gesetzgebers. Doch Union und SPD behaupten, es sei alles in Ordnung in der Pflege. So resümiert der Gesundheitsminister über die Pflegegesetze in dieser Legislaturperiode: „Wir haben für Pflegebedürftige und Patienten, für ihre Angehörigen und unsere Pflegekräfte einen Kraftakt zur Stärkung der Pflege in unserem Land gestemmt.“
Vor allem die Personalsituation ist dramatisch. Wir wissen, wie wenig Geld die Altenpflegerinnen für ihre schwere Arbeit bekommen und unter welchem Zeitdruck sie oft stehen. Das geht zu Lasten der Menschen mit Pflegebedarf und ist schlecht für die Gesundheit der Pflegenden. Dennoch streichen Betreiber von privaten Pflegeheimen einen ansehnlichen Gewinn mit ihrem „Geschäft“ ein und fordern, dass die Fachkraftquote in den Pflegeheimen abgesenkt wird, damit sie weitere Kosten sparen können – eine ungute Spirale. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste fordert lautstark die Abschaffung der Fachkraftquote in den Pflegeheimen, weil sie nicht ausreichend Fachkräfte finden, die in den Einrichtungen arbeiten wollen. Dabei sind dies die gleichen Einrichtungen, die in der Regel eine tarifliche Bezahlung der Pflegekräfte ablehnen und damit das Lohndumping unterstützen.
DIE LINKE fordert wirksame Maßnahmen gegen den Pflegenotstand in Deutschland: sofort spürbar mehr Personal in der Pflege, 100.000 Pflegekräfte in den Krankenhäusern und 40.000 in der Altenpflege. Wir fordern gute Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung für die Pflegenden, die bereits am Limit sind. Das käme den Menschen mit Pflegebedarf sofort zugute.
DIE LINKE möchte einen echten Paradigmenwechsel hin zu einer teilhabeorientierten, selbstbestimmten Pflege. Um das finanzieren zu können, brauchen wir die Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung und eine Abkehr von der Ökonomisierung des Pflegemarktes. Im Mittelpunkt des politischen Handelns muss die Menschenwürde stehen und nicht das wirtschaftliche Interesse von Unternehmen.