Etikettenschwindel: CDU/CSU und SPD laden zur Leiharbeit ein, statt sie einzudämmen

11.05.2016 Klaus Ernst

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Die Koalitionsspitzen von CDU/CSU und SPD haben sich nach monatelangem Streit auf ein Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen geeinigt. Arbeitsministerin Nahles spricht von einem “Durchbruch” und kündigt an, das Gesetz gehe jetzt “so schnell wie möglich” ins Kabinett. Vor allem die bayerische Koalitionspartnerin CSU hatte zuvor auf Änderungen gedrängt.

Verabredet seien laut Nahles eine Höchstüberlassungsdauer für Leiharbeitnehmer und Regelungen, “durch Transparenz den Missbrauch bei Werkverträgen einzudämmen”. Bereits ihr im November vorgelegter Gesetzentwurf, den sie nach heftiger Kritik von Seiten der Unternehmen noch abänderte, sah vor, dass Leiharbeiter in Zukunft höchstens 18 Monate in ein- und demselben Betrieb eingesetzt werden. Danach müssten sie fest übernommen oder von ihrer Zeitarbeitsfirma an einen anderen Betrieb entliehen werden. Längere Einsatzzeiten soll es künftig sowohl in Unternehmen mit, als auch ohne Tarifbindung geben. Letztere sollen hierfür als Bedingung die tarifvertraglichen Regelungen der jeweiligen Branche zur Überlassungshöchstdauer übernehmen.

Als “unrühmliches Possenspiel” kritisiert Fraktionsvize Klaus Ernst das, “was die Bundesregierung seit über einem Jahr mit der geplanten Reform der Leiharbeit und Werkverträgen veranstaltet”. Der jetzige Entwurf sei “ein Skandal, weil das geplante Gesetz sogar Verschlechterungen gegenüber der bisherigen Gesetzlage bedeutet. Dass CDU und CSU selbst dieses Gesetz noch blockieren, ist Sabotage am eigenen Koalitionsvertrag”.

Leiharbeiter müssen schon jetzt nach neun Monaten genauso bezahlt werden wie die Stammbelegschaft. Diese Regelung soll laut dem Gesetzentwurf gelockert werden: Eine längere Abweichung soll zulässig sein, wenn es in der jeweiligen Branche Zuschlagstarifverträge gibt, die eine stufenweise Erhöhung vorsehen und “nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung” eine Bezahlung erreicht ist, die mit dem Tariflohn von Stammbeschäftigten vergleichbar ist. 

„Im Koalitionsvertrag steht eindeutig, dass die Große Koalition den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit verhindern wird. Doch das Einzige, was CDU und CSU momentan verhindern, ist ein Gesetz, das tatsächlich eine Verbesserung für Beschäftigte in Leiharbeit und Werkverträgen bringt”, stellt Klaus Ernst klar: “Es ist Etikettenschwindel, gleichen Lohn für gleiche Arbeit ab neun Monate für Leiharbeiter zu fordern, wenn man weiß, dass mehr als die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse nach drei Monaten bereits wieder beendet ist. Die Möglichkeit, Leiharbeitsverhältnisse mit Tarifverträgen unendlich weit über die gesetzlich begrenzten 18 Monate hinaus ausdehnen zu können, ist geradezu eine Einladung zur Leiharbeit.”

Um den Missbrauch von Werkverträgen einzudämmen, soll laut dem Gesetzentwurf unter anderem die so genannte Vorratsverleiherlaubnis gestrichen werden. Sie erlaubt es Arbeitgebern bislang, Werkvertragsnehmer nachträglich als Leiharbeiter zu deklarieren. Diese verdeckte Leiharbeit soll in Zukunft mit Bußgeldern bestraft werden. “Die Regelung zu Werkarbeitsverträgen wird in der Praxis zu einer Verschlechterung der Situation für die Arbeitnehmer in Werkverträgen führen. Dieser Gesetzentwurf ist offensichtlich eine Auftragsarbeit im Interesse der Arbeitgeberverbände in Deutschland. Die SPD muss diesen Gesetzentwurf deutlich nachbessern, wenn sie nicht den letzten Rest ihrer Glaubwürdigkeit verspielen möchte”, fordert Ernst.