Türkei: Unmenschliche Zustände

2017-02-10_tuerkei_gruppenbild_300x175Der Vorsitzende der Partei DIE LINKE, Bernd Riexinger, ist diese Woche zu politischen Gesprächen in der Türkei. Zur Lage vor Ort erklärt der Parteivorsitzende:

Wir erleben, wie eine Diktatur installiert wird. Die Opposition soll zerschlagen werden. Willkürliche Verhaftungen, kommunale gewählte Vertreter werden abgesetzt, und die Kommunen unter Zwangsverwaltung gestellt. Medienanstalten werden geschlossen, wenn sie kritisch berichten, Massenentlassungen, Verhaftungen – wir hören auch von Folter. Das sind ungeheure Vorgänge und das Schweigen der deutschen Regierung und der Öffentlichkeit ist unfassbar.
Den zaghaften Versuch der Kanzlerin bei ihrem letzten Besuch Demokratie und Meinungsfreiheit zu thematisieren, halte ich für völlig unzureichend. Mein erneuter Appell an die Bundesregierung ist, sich aus dem Abhängigkeitsverhältnis, das Deutschland mit der Türkei eingegangen ist, zu befreien und im Gegenteil dafür zu sorgen, dass ein Neuaufbau der Demokratie in der Türkei möglich wird.

Die Dramatik der Situation kann man unter anderem an einer besonders tragischen Geschichte festmachen, dem Schicksal des kurdischen Oppositionellen und Co-Vorsitzender der Halkların Demokratik Partisi (HDP) Selahattin Demirtaş: Die Anklagen gegen Demirtaş drehen sich ausschließlich um öffentlich gehaltene Reden. Nachdem die Immunität aufgehoben wurde, wird er an jedem der Orte einzeln angeklagt, an dem er in der Vergangenheit eine Rede gehalten hat. Insgesamt sind es über hundert, pro Woche finden mehrere Verhandlungen statt, in unterschiedlichen Provinzen. Er kann sich nicht vor Ort verteidigen, wird z.T. per Video zugeschaltet. Die Anklagen gegen die Halkların Demokratik Partisi – HDP basieren auf Reden und Tweets. Sie werden im Schnellverfahren verhandelt, nach ein bis zwei Stunden sind sie verurteilt. Insgesamt droht Demirtas fast 200 Jahre Haft. Absurd und unmenschlich!