Von Alexander S. Neu, Obmann für DIE LINKE im Verteidigungsausschuss des Bundestages
Der türkische Ministerpräsidenten Yildirim verwies auf der Münchner Sicherheitskonferenz auf meine Frage, wie die militärische „Operation Olivenzweig“ der Türkei in Nord-Syrien völkerrechtlich zu rechtfertigen sei, auf das Selbstverteidigungsrecht gemäß Artikel 51 der UN-Charta.
Dass die Türkei sich in Nord-Syrien selbstverteidigt, ist von Anfang an mehr als zweifelhaft gewesen. Geostrategische Ziele in einem Drittland unter Einsatz militärischer Mittel als Selbstverteidigung zu bezeichnen und damit bei den NATO-Partnern inklusive Deutschlands keinen Widerspruch zu erfahren, verweist einmal mehr auf den fortgesetzten gefährlichen Erosionszustand des Völkerrechts. Der türkische Einmarsch in Nord-Syrien ist nichts anderes als ein Angriffskrieg und bricht damit das zwischenstaatliche Gewaltverbot.
Ich bin froh, dass die Ausarbeitung [PDF] des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages im Kern diese Auffassung teilt. Ich hoffe, dass diese Ausarbeitung nun der Bundesregierung den notwendigen Anstoß geben wird, endlich diese „Operation Olivenzweig“ als das zu bezeichnen, was sie ist: Ein Angriffskrieg. DIE LINKE wird auf jeden Fall den Druck auf die Bundesregierung aufrechterhalten.
Für das bisherige Schweigen und Lavieren der übrigen NATO-Staaten einschließlich der deutschen Regierung gibt es zwei Gründe:
Erstens führen die NATO oder ihre Mitglieder ihrem Selbstverständnis nach keine Angriffskriege, sondern nur Verteidigungskriege – weltweit. Aggressoren sind immer nur die anderen.
Zweitens liefert die Bundesregierung bis jüngst Rüstungsgüter an die Türkei. Die GroKo, insbesondere Noch-Außenminister Gabriel hat nur unter erheblichem öffentlichem Druck die Nachrüstung der Leopard-Panzer auf Eis gelegt. Am liebsten normalisierte die Bundesregierung die Rüstungskooperation mit der Türkei wieder. Erklärte die Bundesregierung nun, die Türkei breche das UN-Gewaltverbot und somit zwingendes Recht und das mit deutschen Waffen, so wäre die Bundesregierung in der unangenehmen Lage, indirekt den Völkerrechtsbruch der Türkei zu unterstützen oder unterstützt zu haben.