HOHENLOHER TAGBLATT – ADINA MÖLLER | 23.07.2016
Ihr starker Willen machte die Gewerkschafterin in der Region als „unbequeme Kämpferin“ bekannt. Nun verabschiedet sie sich von der Spitze.
Sie trägt den Titel der „unbequemen Kämpferin“ mit Stolz und soll ihn in den Augen ihrer Mitstreiter sogar als Kompliment sehen: Heidi Scharf stand 14 Jahre als erste Bevollmächtigte an der Spitze der IG Metall Schwäbisch Hall und hat in diesen Jahren einiges bewegt. Am Donnerstagabend wurde sie von ihren Kollegen und den Mitgliedern feierlich in den Ruhestand verabschiedet.
Dabei vermutete der Haller Stadtrat Rüdiger Schorpp: „Ich wünsche Heidi Scharf, dass sie den Ruhestand in vollen Zügen genießen kann. Ich bin aber sicher, dass sie aktiv bleibt und vor allem die Themen der Gewerkschaft auch weiter mit viel Engagement verfolgen und unterstützen wird.“ Und das dürfte wirklich nicht verwundern, kann die Gewerkschafterin doch auf eine sehr aktive Zeit zurückblicken.
Sie selbst sagt von sich: „Mein widerständiges Leben begann früh, da war ich vielleicht 4,5 Jahre alt. Ich war ein bockiges, schwieriges Kind mit starkem Durchhaltewillen“. Und sie erinnert sich: „Deshalb hat meine Oma immer gesagt: ,An dir sind zehn Buben verloren gegangen’.“
Genau diesem starken Willen und Kampfgeist hat sie zu verdanken, dass sie zahlreiche harte Schlachten mit den Arbeitgebern bis zum erfolgreichen Ende durchstehen konnte. „Wenn ich vor der Wahl stand zwischen Widerstand und Anpassung, dann gab es für mich immer nur den Widerstand“, erklärt sie. Und so kam Heidi Scharf auch zur Gewerkschaft: Nach einem Streit mit ihrem Vorgesetzten über unnötige Überstunden zwischen Weihnachten und Silvester, fasste sie den Entschluss sich organisiert für die Rechte von Arbeitnehmern einzusetzen. Dabei galt Heidi Scharf schon immer ganz als „Frau der Basis“.
Bei Demonstrationen und Kämpfen um das Recht der Arbeitnehmer stand sie stets an der ersten Front. Mehr als einmal musste sie sich nach Protestaktionen vor Gericht verantworten. Unvergessen ist ihr dabei der Frauenstreiktag 1994. Mit zahlreichen Mitstreiterinnen hat sie damals den Stuttgarter Charlottenplatz besetzt. Im Nachgang kam es zur Gerichtsverhandlung und zum Urteil gegen Scharf. Die Strafe – 600 Mark Ordnungsgeld – wurde von ihren Unterstützern und Zuschauern noch im Gerichtssaal gesammelt.
Seit Heidi Scharf 2002 die Stelle der ersten Bevollmächtigten in Schwäbisch Hall angetreten hat, hat sie auch hier zahlreiche Kämpfe geschlagen. In Erinnerung bleiben ihr vor allem die Auseinandersetzung zum Thema Leiharbeit bei Huber in Öhringen 2010, die letztendlich zu einer betrieblichen Vereinbarung geführt hat. Heute noch wird in dem Unternehmen ohne Leiharbeit gearbeitet. „Der größte Erfolg aber war, dass wir 2009 ohne größere Entlassungswelle durch die Krise gekommen sind“, blickt Scharf zurück.
Und sie fasst stolz zusammen: „Gemeinsam haben wir in den letzten Jahren viel erreicht. Ich habe mich auf allen Ebenen eingemischt – manchmal vielleicht auch etwas zu sehr. Aber ich war einfach nun mal eine Getriebene“.
Und das haben ihre Kollegen zu schätzen gelernt: „Heidi hat unser aller Denken geprägt, sie hat unsere Organisation auch in schwierigen Zeiten zusammengehalten“, bedankt sich Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.