Nachricht von Klaus Ernst, 11. Mai 2017
Trotz der Anhebung des Mindestlohns auf 8,84 Euro liegt dieser weiter deutlich unterhalb der Niedriglohnschwelle. Laut Bundesregierung lag die Niedriglohnschwelle im Erhebungsjahr 2014 bei 10,00 Euro[1] brutto. Diese Zahl ist niedriger als die 11,09 Euro brutto, die das Statistische Bundesamt in ihrer Pressemeldung im vergangenen Herbst veröffentlichte[2].
Diese 11,09 Euro berechnen sich aus der in den Vorjahren verwendeten Datenerfassung von Betrieben mit zehn und mehr Beschäftigten des Produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs. Im Jahr 2014 hat die Bundesregierung zusätzlich kleine Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten und Betriebe aus der Landwirtschaft erfasst, also auch Bereiche wie Saisonarbeit, Friseurhandwerk, kleine Gastronomiebetriebe und das Taxigewerbe – jene Bereiche, in denen besonders häufig Niedriglöhne gezahlt werden. Daraus ergibt sich ein niedrigeres mittleres Einkommen und entsprechend eine geringere Niedriglohnschwelle.
Um nicht im Alter auf Grundsicherung angewiesen zu sein, müsste der Mindestlohn bei rund 12 Euro liegen. Das geht aus den Antworten der Bundesregierung auf schriftliche Fragen von Klaus Ernst hervor. Um eine Nettorente oberhalb dieses Grundsicherungsniveaus zu erhalten, wären aktuell rechnerisch (bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden über 45 Jahre versicherungspflichtiger Beschäftigung hinweg) ein Stundenlohn von 11,85 Euro erforderlich.
Dazu äußert sich Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag:
„Der Mindestlohn bleibt trotz Anhebung ein Armutslohn. Da hilft auch alle Schönrechnerei der Bundesregierung nichts. Die Bundesregierung weiß, dass der Mindestlohn deutlich unterhalb der Niedriglohnschwelle liegt. Sie weiß auch, dass mindestens 11,85 Euro notwendig sind, damit Beschäftigte, die ihr Leben lang zu Mindestlohn arbeiten, im Alter nicht zu Sozialhilfefällen werden. Die Lücke, die hier klafft, ist dramatisch. Doch Anträge der LINKEN zu einer Anhebung des Mindestlohns hat auch die SPD mit viel Engagement im Ausschuss abgelehnt – trotz aller schönen Worte von Martin Schulz. Das Problem liegt im Fundament: Schon von Beginn an hat die Bundesregierung den Mindestlohn zu niedrig angesetzt. Diesen Fehler will DIE LINKE korrigieren. Ein Mindestlohn muss wenigstens für das Mindeste im Leben reichen. Der Mindestlohn muss rasch auf 12 Euro angehoben werden.“
Hier gibt es die Antworten der Bundesregierung mit Datenanhang als PDF zum Herunterladen:
- Frage nach Anteil des gesetzlichen Mindestlohnes in den EU-Mitgliedsstaaten am Bruttolohn, der die Niedriglohnschwelle markiert
- Frage nach Zahl der notwendigen Entgeltpunkte zum Erreichen einer Altersrente oberhalb der Grundsicherung
- Frage nach Höhe der aktuellen Niedriglohnschwelle und Anteil der Niedriglohnbeziehenden im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft
Dazu ergänzend interessant sind die Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE von Dezember 2016 (PDF):
[1] Verdienststrukturerhebung 2014
[2] Pressemitteilung Nr. 322 des statistischen Bundesamtes vom 14.09.2016