Knapp 600 Beschäftigte will der US-amerikanische Reifenhersteller Goodyear in Philippsburg zum Ende des kommenden Jahres abbauen. Etwas über 1000 Beschäftigte kämpfen beim Turbinenhersteller General Electric (GE) in Mannheim ums Überleben. Der Konzern hat erst 2014 den Betrieb (nach langwierigen Verhandlungen, auch kartellrechtlicher Art) aufgekauft, offensichtlich um den Markt zu bereinigen, wie es sich nunrausstellt.
Auch in anderen Betrieben der Rhein-Neckar Region (Mannheim, Heidelberg usw.) sind Arbeitsplätze kurzfristig oder mittelfristig in Gefahr. In Mannheim selbst entsteht derzeit eine Initiative zum Erhalt von Arbeitsplätzen in der Region. Die Zerschlagung von Industriearbeitsplätzen – also „Guten Arbeitsplätzen“ setzt sich unterdessen fort. Längst ist der Landkreis Karlsruhe betroffen, z.B. mit Johnson Controls (Kopfstützenhersteller für Autositze) in Waghäusel und eben auch in Philippsburg.
In Richtung Nordosten beschließen die gut bezahlten Manager von Knorr (gehört zu Unilever) in Heilbronn so eben mal rund 200 Arbeitsplätze, quasi die komplette Forschungs- und Entwicklungsabteilung zu schließen bzw. diese in die Niederlande zu verfrachten.
Die meisten der erwähnten „strukturellen Entscheidungen“ sind übrigens ohne das Einhalten der Informations- und Beteiligungsrechte der Betriebsratsgremien gefallen.
Die Dimensionen des industriellen Arbeitsplatzabbaus im Norden Baden-Württembergs ähneln stark dem Kahlschlag in den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Damals wie heute werden natürlich betriebswirtschaftliche Gründe vorgeschoben, meist jedoch nur standardisiert und halbherzig. Es geht um Kosteneinsparungen auf dem Rücken der Beschäftigten. Da sich derzeit mit Geldgeschäften wenig Kohle machen lässt, werden gerne mal wieder die Beschäftigten als „Kostenfaktoren“ in den Betriebsbüchern identifiziert.
Die moderne Gestaltung des Arbeitsplatzes, die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben und international etablierten Normen sind das eine. Die soziale Verantwortung für die Beschäftigten und die Identifikation mit der Stadt oder dem Ort in dem der Betrieb angesiedelt ist bleibt wieder einmal auf der Strecke.
Gerne betonen politische Vertreterinnen und Vertreter aus den Reihen der Union, der SPD und der Grünen, dass wir doch in einer „Sozialen Marktwirtschaft“ leben und deshalb des ständige hofieren der Wirtschaftslobby eine notwendige Sache sei.
Denen können wir nur zurufen! Schaut euch auf dem Arbeitsmarkt um, erkennt endlich wie viele gute Arbeitsplätze in den letzten Jahren vernichtet worden sind und wie viele schlecht bezahlte Jobs dafür entstanden sind (Stichwort: Präkarisierung). Soziale Marktwirtschaft war vorgestern – Kapitalismus pur ist jetzt!
Wir als LINKE fordern die Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung, denn ganz offensichtlich wird das Umgehen der Informations- und Beteiligungsrechte der Betriebsräte arbeitgeberseitig nur noch als Bagatelle betrachtet.
Wir sagen aber auch, dass Konzerne und Unternehmen, die Arbeitsplätze aus „strategischen Entscheidungen“ vernichten zur Verantwortung gezogen werden müssen.
Elwis Capece (Gewerkschaftssekretär der NGG in Mannheim und Karlsruhe sowie Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands der LINKEN in BaWü)